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10. August 2022

Guss einer Bienenkorbglocke für den alten Glockenturm

Am 14. August 2022 in Stolzemburg

Nach den Methoden des Theophilus Presbyter

Es soll eine Bienenkorbglocke nach einer Beschreibung des Benediktinermönchs Theophilus Presbyter aus dem 12. Jahrhundert entstehen. Ziel ist es, vor Ort und in allen Einzelschritten die Herstellung einer Bienenkorbglocke des zu zeigen. Dies verfolgt zweierlei Anliegen, zum einen einen pädagogischen, da hier in einem Ort der mit der eng mit dem Abbau von Kupfer verbunden ist, gezeigt wird auf welche Weise aus Kupfer und Zinn eine Glocke gefertigt wird. Zum anderen soll die auf diese Weise gefertigte Glocke im heute verwaisten Glockenturm von Stolzemburg ein neues Zuhause finden.

Vorüberlegung zum Projekt

Die Rekonstruktion soll in allen Einzelschritten vor Ort erfolgen, so dass diese äußerst seltene Gelegenheit genutzt werden kann, ein bereits im Mittelalter angewandtes Verfahren zur Herstellung einer Glocke mit neuem Leben zu erfüllen. Darüber hinaus soll den Besuchern der ein wissenschaftlich einwandfreies und - soweit möglich - realistisches Bild des mittelalterlichen Glockengusses vermittelt werden. Allen Schritten werden die Anweisungen des Theophilus Presbyter zu Grunde gelegt und zur Anwendung gebracht. Selbstverständlich ist es notwendig, die Anweisungen zu Weilen einer Interpretation zu unterziehen. Dabei ist diese Interpretation zur Diskussion zu stellen, anstatt gerade diese spannenden Aspekte der archäologisch-historisch experimentellen Arbeit zu verstecken. Es handelt sich bei Rekonstruktion der Theophilusglocke, dem Wesen nach um eine museumspädagogische Arbeit, deren Aufgabe es ist die einzelnen Arbeitsschritte zu vermitteln und in Wort und Tat zu erläutern. Es unterscheidet sich somit ganz deutlich von der Herstellung einer Glocke in der Werkstatt insofern, dass alle Arbeitsschritte öffentlich und damit eben kein “Betriebsgeheimnis” sind. Die Reduktion des Prozess auf die ganz wesentlichen Schritte, die erfolgen müssen, da vor Ort keine Werkstatt vorhanden ist, macht den Prozess in ganz besonderer Weise durchschaubar und im wahrsten Sinne erfahrbar. Hier kann der Besucher über mehrere Wochen vorbei kommen und die Entstehung der Glocke beiwohnen. Ich empfinde die Möglichkeit uber fünf Wochen täglich an einem Projekt arbeiten zu können als außerordentlichen Glücksfall, denn hier kann eben trotz des “museumspädagogischen” Charakters, deutlich mehr gezeigt werden. Im Gegensatz zur Museumspädagogik wird hier eine Glocke hergestellt die funktionieren muss. Es werden keine “modernen” Abkurzungen genommen, wie das im Museumsbetrieb aus organisatorischen Gründen oft der Fall sein muss. Der Prozess darf und soll in seine ganzen Originalität dargestellt werden. Dies, ich erwähnte es schon, halte ich fur eine ganz seltene Gelegenheit, von der alle daran Teilnehmenden, Zuschauer wie Akteure, einen besonders tiefen Blick in unsere Geschichte werfen können. Der Zeitbedarf zur Realisierung vor Ort wird mit 30 Mann-Arbeitstagen vor Ort und zur Vorbereitung veranschlagt, was in etwa einem Zeitraum von 4-5 Wochen entspricht. Hierzu wird am Gusstermin ein erfahrenes und eingespieltes Team vor Ort sein, um den Guss zu realisieren. Vor dem Projekt sollte unbedingt ein Ortstermin stattfinden, um die Örtlichkeiten und nicht zuletzt den Glockenstuhl zu begutachten.

Nicht nur Handwerk, sondern Kulturerbe

Hier kann die mittelalterliche Fertigung einer Glocke live besichtigt und von Anfang bis zum Ende hautnah mit erlebt werden. Schulklassen können eine lebendige Geschichtsstunde bestreiten, in denen nicht nur die Fertigung der Glocke, sondern auch auf die technische und wirtschaftliche Bedeutung der Metalle, insbesondere des Kupfer erläutert wird. Woher kommt das Kupfer, wir baut man es ab? Welche Eigenschaften hat es? Warum ist es so wichtig? Die Herstellung der Glocken hängt aber nicht nur allein vom Kupfer ab, sondern auch auch von den anderen Ressourcen der Natur. Es ist denkbar die lokalen Imker, die im Gebiet des Naturparks Our Bienen haben, mit ein zu beziehen um das notwendige Wachs für die Stolzemburger Glocke bereit zu stellen, und so zu ihrer eigenen Glocke machen. An verschiedenen Prozessschritten gäbe es außerdem die Möglichkeit fur Freiwillige mit zu wirken. So mussen etwa die Formlehme oder der Ofenlehm gemischt werden, der Schmelzofen muss aufgebaut, und besonders wichtig, die Glocke muss 3 Tage und Nächte lang gebrannt werden, bevor sie gegossen werden kann. Es ergäben sich also zahlreiche Möglichkeiten, diese Glocke zu ihrem eigenen Projekt zu machen!

Genereller Ablauf

Der Arbeitsprozess benötigt neben den Arbeitstagen auch Perioden, an denen nicht gearbeitet werden kann, weil es Trocknungszeiten einzuhalten gilt, d.h. dass in der Regel an 2-3 Tagen pro Woche keine Arbeiten statt finden. Die Trocknungszeiten sind wesentlich fur den Prozess und hängen auch ein wenig von der Witterung ab, so dass auch hier einmal Verzögerungen auftreten können, sollte es beispielsweise uber längere Zeit kalt und nass sein. Aus diesem Grund ist ein Termin im Frühsommer/Sommer ideal.

Zeitplanung

  • 1. Arbeitswoche: Montag 20. Juni bis 23. Juni; 10:00 – 18:00
    Arbeitsplatz einrichten, Formlade. Lehm machen, Beginn des Formens des Lehmkerns
  • 2. Arbeitswoche: Montag 27. Juni bis Donnerstag 30. Juni; 10:00 – 18:00
    Lehmkern von der Spindel nehmen, Klöppelaufhängung machen und einpassen, Wachsplatten herstellen
  • 3. Arbeitswoche: Montag 4. Juli bis Donnerstag 7. Juli; 10:00 – 18:00
    Wachsmodell machen, 1. Schicht Formlehm auftragen
  • 4. Arbeitswoche: Montag 11. Juli bis Donnerstag 14. Juli; 10:00 -18:00
    Formlehm auftragen und trocknen lassen. Eisenringe und Armierungen
  • 5. Arbeitswoche: Donnerstag 21. Juli bis Sonntag 24. Juli; 10:00 - 18:00
    Form beenden, Ofenbau.
  • 6. Arbeitswoche: Donnerstag 11. August bis Montag 15. August
    Form brennen;
    GLOCKENGUSS Sonntag 14. August voraussichtlich ab 19 Uhr (wetterbedingt)
    Arbeitsplatz räumen...etc
    Nacharbeit in der Werkstatt.
  • 7. Freitag 18. November (am Tag des heiligen Odo von Cluny)
    Aufhängen der Glocke
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Info

Zur Person

Dr. Bastian Asmus, *1974, Ausbildung zum Kunstgießergesellen in Nürnberg und Wien (1997), Studium der Ur- und Frühgeschichte in Tübingen und Abschluss in Kapstadt (2003), Promotion am University College London mit Schwerpunkt Archäometallurgie im Hochmittelalter. Gründete 2011 das Labor für Archäometallurgie, das sich mit der Erforschung metallurgischer Hinterlassenschaften unserer Vorfahren befasst.
Forschungsschwerpunkte sind Entwicklungen im Montan- und Hütten-, und Gießereiwesen in der Menschheitsgeschichte. Die Zusammenschau archäologischer, historischer, naturwissenschaftlicher und experimenteller Erkenntnisse bildet die Basis für seine Arbeit.

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