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Eberhard von Gemmingen: "Christen verändern die Welt"
Religiöses Buch des Monats Juli 2024
Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen war als Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan viele Jahre hindurch als Vatikan-Experte in den Medien sehr präsent und hat dadurch über kirchliche Kreise hinaus Bekanntheit erlangt. In einer Zeit des schwindenden christlichen Glaubens in Europa möchte er mit seinem neuen Buch „Christen verändern die Welt“ zu einer Rückbesinnung einladen, wie prägend der christliche Glaube für die Entwicklung unseres Kontinents in den letzten zwei Jahrtausenden gewesen ist – um zu begreifen, was alles verlorenginge, wenn sich Europa wirklich ganz vom Christentum verabschieden würde. Von Gemmingens Vermutung ist es, der Glaube befinde sich vor allem deshalb auf dem Rückzug, weil in unserer modernen Zeit christlicher Glaube und aufgeklärte Vernunft als Gegensätze erscheinen. Wenn es gelinge zu zeigen, dass religiöser Glaube „rational verantwortbar und begründbar“ ist, dann ist seiner Überzeugung nach das Christentum in Europa noch nicht verloren.
Um dazu einen Beitrag zu leisten, nimmt Eberhard von Gemmingen die Leserinnen und Leser mit auf eine imaginäre Reise durch Mitteleuropa, vom ostpreußischen Königsberg bis ins Südtiroler Brixen, in einer weitausholenden Zickzackbewegung und quer durch die Jahrhunderte, an insgesamt 130 Stationen, davon 18 religiöse Orte und 112 Wirkungsstätten von Personen bzw. manchmal auch Personengruppen. Diese Reise soll zeigen: Europa wurde in Kunst, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft in unverzichtbarer Weise mitgeprägt durch große christliche Gestalten. Dabei geht es ihm aber nicht nur um die Christinnen und Christen, die in ihrem Arbeitsgebiet geniale Leistungen geschaffen haben – auch die großen Vorbilder im Glauben, die viele andere zu einem christlichen Leben ermutigt haben, oder Kristallisationsorte religiöser Erfahrungen sind dem Jesuitenpater wichtig als Fundamente des heutigen Europas.
Die Auswahl der Porträtierten ist – vom Autor auch eingestanden – natürlich subjektiv, darum macht es aber auch nichts, dass hier nur vereinzelte Beispiele genannt werden könne. Es finden sich einerseits viele bekannte Persönlichkeiten wie Hildegard von Bingen, Meister Eckhart, Martin Luther, Albrecht Dürer, Johann Sebastian Bach, Immanuel Kant, Dietrich Bonhoeffer, Carl Friedrich von Weizsäcker oder Heinrich Böll. Aber auch etliche unbekanntere Personen wie z.B. der Trierer Bankier Hieronymus Jaegen, dessen Buch „Der Kampf um das höchste Gut“ über den christlichen Glauben im Alltag von Edith Stein empfohlen wurde, die katholische Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin Hedwig Dransfeld oder die Freiburger Caritas-Mitarbeiterin Gertrud Luckner, die vielen verfolgten Juden zur Flucht in die Schweiz verhalf, bis sie 1943 selbst ins KZ Ravensbrück kam. Mit den Mallersdorfer Schwestern und den Vinzentinerinnen werden zwei Frauenorden vorgestellt, die durch ihr stilles Wirken unglaublich viel für die Gesellschaft geleistet haben, es wird an den Widerstand gegen das kommunistische DDR-Regime im katholischen Eichsfeld erinnert und die Dom- und Klosterschulen im Heiligen Römischen Reich werden als wesentliche Träger des Bildungswesens im Mittelalter ins Gedächtnis gerufen.
Die Vielzahl der kurzen Porträts, meist im Umfang von einer bis zu drei Seiten, bedeutet zum einen, dass diese schnell (und auch in kleinen Einheiten) gelesen werden können, sie repräsentiert andererseits aber auch in eindrucksvoller Weise die Fülle und die Vielfalt der Glaubensvorbilder und der die Geschichte Europas prägenden großen christlichen Gestalten. Und nicht zuletzt ist dadurch das Buch tatsächlich wie vom Autor angestrebt auch „unterhaltsam und spannend“ zu lesen. (Sankt Michaelsbund)
Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der Sankt Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.