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Jahr C (2021-2022)  
1. März 2022

Fastenzeit - wozu soll das gut sein?

Kommentar zum Aschermittwoch von Milly Hellers (2.3.2022)

Vor vielen Jahren habe ich im Rahmen meiner Gemeinschaft Institution Teresiana (einer internationalen Laiengemeinschaft) in Cordoba und in Brüssel in einem unserer Studentenzentren gewohnt. Das Projekt in Brüssel war ein interkulturelles und interreligiöses Zusammenleben – Gruppenaustausch, intellektuelle und spirituelle Angebote. Wir waren drei Mitglieder der Gemeinschaft (aus Spanien, Äquatorialguinea, Luxemburg) und 20 Studentinnen von 4 Kontinenten sowie von verschiedenen Religionsgemeinschaften. Dankbar denke ich an diese lehrreiche Zeit zurück. Eine Erfahrung betreffend Fastenzeit, werde ich jedoch nie vergessen.

Wir organisierten gemeinsam mit den jungen Frauen Austausch und Gebetsmomente betreffend Ziel und Sinn von Aschermittwoch und Fastenzeit. Einige Wochen später jedoch begann in dem Jahr für die muslimische Gemeinschaft der Ramadan. Die drei jungen muslimischen Frauen, von denen das Jahr hindurch nur eine die täglichen Gebetszeiten einhielt, sprachen wenig über diese religiöse Tradition – aber – sie praktizierten den Ramadan mit großem Engagement – Fasten und Gebet – jeden Tag – während 4 Wochen – alle drei. Am Ende vom Ramadan wussten alle Studentinnen im Haus was der „Ramadan“ ist. Was sie jedoch am Ende der Fastenzeit wussten … ? Da bin ich mir nicht so sicher … ☹

Die Tradition vom Fasten gibt es in vielen Religionen. In der katholischen Spiritualität beginnt mit Aschermittwoch, wo uns das Aschenkreuz an unsere Zeitlichkeit erinnert, die Fastenzeit. Aber – Fasten – wozu soll das eigentlich gut sein? In meiner Kindheit war ein wichtiges Element der Fastenzeit – auf Süßigkeiten und am Freitag auf Fleisch verzichten. Jedoch, was heißt heute Fasten und was ist der Sinn des religiösen Fastens?

Im christlichen Verständnis beruht die Fastenzeit, auf 3 Pfeilern: Almosen spenden, beten, fasten. Es ist der Weg zur Vorbereitung auf Ostern, das Hochfest unseres christlichen Glaubens. Die Worte Jesu im Evangelium von Aschermittwoch sind sehr klar. Es geht um einen Paradigmenwechsel – eine innerliche Umkehr. Nicht „ich“ stehe im Mittelpunkt, sondern ER und der/die Andere, in Familie, Beruf, Kirche, Gesellschaft … Es geht nicht darum die Aufmerksamkeit anderer anzuziehen, wenn wir etwas Gutes getan haben, sondern – sich darüber zu freuen, dass ER sich freut über unsere wohlwollenden Taten, Gedanken oder Worte aus Liebe zum Gegenüber.

Wenn ihr Geld spendet, dann soll eure rechte Hand nicht wissen, was die Linke tut… Wenn ihr betet, seid nicht wie die Pharisäer, die gerne in der ersten Reihe stehen, mit schönen Gewändern, damit sie von allen gesehen und angehimmelt werden …. Wenn ihr betet, dann zieht euch in eure Kammer zurück und betet im Verborgenen. Wenn ihr fastet, dann macht kein vergrämtes Gesicht wie dies die Hypokriten tun, damit alle sehen, dass sie gefastet haben. Wenn ihr fastet, dann tut es so, dass nur der Vater im Himmel es erkennen kann.

Diese Worte Jesu konfrontieren uns mit unserem Glauben. Vor wessen Augen wollen wir wichtig sein? Für wen und wozu tun wir das was wir tun? Von wem möchten wir gesehen werden, von wem erwarten wir Lob und Anerkennung, wenn wir Almosen spenden, beten fasten oder Werke der Barmherzigkeit tun?

In der Fastenzeit (aber eigentlich das ganze Jahr über) sind wir eingeladen IHM und unseren Mitmenschen im Alltag Raum und Zeit zu schenken, und vielleicht deswegen auf dieses oder jenes zu verzichten, oder je nach Umstand, zu schweigen oder zu handeln – mit Wohlwollen – aus Liebe zu IHM. Wir sind eingeladen uns mehr Zeit zu nehmen zum Gebet, dem Gespräch mit IHM über „Gott und die Welt“. In der Fastenzeit sind wir eingeladen, Jesus mit unseren kleinen oder großen Verzichten, auf dem Passionsweg begleiten, und – uns in Gedanken, Gebet und Handeln ein wenig zu solidarisieren mit den vielen Menschen in der Welt, die, aus welchen Gründen auch immer, ganz andere Sorgen haben, bedingt durch Pandemie, Krieg, Verfolgung, Armut, Klimawandel… Fastenzeit ist somit wie eine nie endende Lebensschule – alle Jahre wieder!

Auf diese Weise können vielleicht auch wir Zeugen und Zeuginnen der Botschaft Jesu werden, und andere Menschen zu Jesus und zum Ostergeheimnis hinführen – vielleicht nicht durch viel Worte, sondern ganz einfach durch unser Sein und Tun.

Milly HELLERS
milly.hellers@cathol.lu
 
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